Martin Schult
später Herbst
Genau in dem Moment, als einer der Polizisten mich am Arm packt, überrascht Paul uns alle. Er sprintet einfach los. Trotz seiner engen Lederhose umkurvt er mühelos die beiden Polizisten. Er stolpert, rappelt sich auf und rennt weiter, noch zehn Meter bis zu einem niedrigeren Teil des Daches, noch fünf, dann springt er die kleine Mauer hinunter und rennt auf die andere Seite zu, wo es ein zweites Treppenhaus gibt …
»Los, Paul, lauf …!«
Frankfurt am Main, Sommer 1977. Das ganze Land steht unter dem Einfluss des Terrorismus. Auch der 15-jährige Johannes bekommt das zu spüren. Seitdem es seine Mutter nach Indien verschlagen hat und sein Vater Botengänge für die RAF übernimmt, steht sein Leben Kopf: eine neue Stadt, keine Schule mehr, kein Kontakt mehr – zu niemandem. Sein einziger Trost ist die Musik. Erst Paul, den er auf einer seiner heimlichen Erkundungstouren durch die Stadt kennenlernt, vermag es, ihn aus seiner Deckung zu locken, mit ihm fühlt Johannes sich wieder wie ein normaler Teenager. Doch so einfach ist es nicht, sich eine neue Identität überzustreifen. Besonders, wenn einem zusätzlich ein hübsches Mädchen die Sinne verwirrt.
Auch im Leben von Eli Meissner, Anfang fünfzig und ledig, wird einiges auf den Kopf gestellt. Endlich von der Last befreit, sich zu Hause um die Eltern kümmern zu müssen, will sie einen Neuanfang wagen, beginnend mit der Suche nach einem Mitbewohner. Dass ihr dieser Neuanfang nur über Umwege gelingt, die sie in eine schmerzhafte Vergangenheit und bis nach Buchenwald führen, damit hat sie nicht gerechnet. Als schließlich auch noch Hanns Martin Schleyer entführt wird, muss Eli sich entscheiden, wer sie sein will.
Ab dem 25. Oktober in jeder Buchhandlung!
Dem Kroisleitner sein Vater
Der Hinterberger Bruno hatte sich Öl und Fett von den Händen gewischt, ein paar lästige Fliegen verwedelt und war mit schwerem Schritt zum Kroisleitner Karl gegangen. Und eine seiner nicht mehr ganz so schmutzigen Hände hatte er dann zart auf die fliehende Schulter vom Schuhmacher gelegt.
"Deinen Vater, Kalli, haben's gefunden, droben beim Toten Mann."
Mit aufgerissenen Knien und einer blau verfärbten Zunge, hätte er noch hinzufügen können, aber das würde der Kroisleitner Karl noch früh genug erfahren.
"Dem Kroisleitner sein Vater" … ist gestorben. Doch trotz seiner 104 Jahre, der guten steirischen Luft und der lebensverlängernden Obstschnäpse ist der alte Schuhmacher nicht freiwillig aus der Welt geschieden. Schon bald ermittelt die Kriminalpolizei aus der nahen Bezirkshauptstadt, was wohl der wortkarge Wanderer mit der schlechten Ausrüstung mit dem Tod des Schuhmachers zu tun haben könnte. Ebenjener mit dem Namen Frassek, seines Zeichens Polizeiobermeister aus Berlin, der – geplagt von seiner pubertierenden Tochter, der nörgelnden Fast-Exfrau und seinem Chef – nur zufällig in der Steiermark gelandet ist. Inmitten von Lügen, Intrigen und Dorfklatsch wird Frassek unversehens vom Tatverdächtigen zum Ermittler.
> Martin Feifel liest aus "Dem Kroisleitner sein Vater"
»Was für ein erfrischend knorziger Krimi.« (Schwäbische Post)
»Nicht der Fall macht das Buch so lesenswert. Sondern das skurrile Personal und Schults Spaß am Fabulieren. Ein Krimi mit Stil.«
(Brigitte, Die besten Bücher 2017)
»Eine Oper im Dreivierteltakt – Heimatfilm, Bergdrama und Krimi – Martin Schult bringt mit Frassek und Sprotz den Berliner Wedding in die Steiermark, lässt Menschen sterben und wieder auferstehen und höchst unterhaltsam zwei Welten aufeinanderprallen!«
Christoph Schröder, freier Literaturkritiker und Mitglied der Jury des Deutschen Buchpreises 2016
»Ein Krimi der besonderen Art, einfallsreich, spannend, ein bisschen grotesk, sehr menschlich. Und vor allem sehr sehr leswenswert.«
Beate Rottgardt (Ruhr Nachrichten)
»Ein unterhaltsamer Krimi, dessen bis zur Karikatur verzerrte Figuren dem dörflichen Ambiente das Heimelige austreiben. Gelungener Plot. Lesenswert!«
(Münchener Merkur)
»Man könnte es sich gut als Film vorstellen.«
(Passauer Neue Presse)
> Hörprobe
... ab 14. Juli 2017 als Buch & Hörbuch in jeder Buchhandlung!
mein Sommer mit Schmidt
Ich traf mich mit Boris im Park. Er hatte etwas dabei, mit dem er heftig winkte. Schon von weitem konnte ich sehen, dass es sich um einen dieser Groschenromane handeln musste, die zu Dutzenden am Kiosk auslagen.
»Das neueste Perry-Rhodan-Abenteuer!«, begrüßte er mich. Ich schob die Gedanken an zu Hause weg und nahm ihm das Heft aus der Hand. Operation Sonnenbaby. Zwischen zackigen rotbraunen Bergen, die aussehen wie Kleckerburgen am Strand, wird ein kleines rundes Raumschiff ins dunkelblaue Weltall geschossen. Die Sonne bekommt eine kleine Schwester – und Leticron bläst zum Großangriff, stand unter der Zeichnung. Was für ein Unsinn! Ich gab es ihm zurück.
»Kenne ich.«
Spontan hatte ich mich für die schlechteste aller Antworten entschieden. Dabei hatte ich noch nie eine Geschichte von Perry Rhodan, dem Weltraumhelden, gelesen.
»Aber es ist ganz neu!«, klagte Boris. Ich setzte eine weitere, eine größere Lüge drauf. Wenn schon, denn schon.
»Und weißt du, was passiert? Perry Rhodan stirbt!«
Es ist der WM-Sommer 1974. Der 12-jährige Paul lebt in behüteten Verhältnissen: Der Vater ist ein fußballverrückter Friseur, der sich durch Zettels Traum kämpft, die Mutter eine emanzipierte Linke, die mit dem taxifahrenden RAF-Sympathisanten Bruder Kolja lange, ominöse Ausfahrten unternimmt. Seine Schwester redet nur in Abkürzungen. Mit seinem besten Freund Boris träumt sich Paul ins Weltall und stromert durch die Nachbarschaft. Dort führt der seltsame Emil Bartoldy seine Schildkröte spazieren. Als am Ende des Sommers der alten Nachbarin Frau Schellack, etwas Schreckliches passiert, flüchtet Paul in den Keller. Martin Schult erzählt einfühlsam und mit Liebe zum Detail eine Geschichte über Freundschaft, Schuld und einen unvergesslichen Sommer.
... in jeder Buchhandlung
... und ab 11. August 2017 auch als Taschenbuch
... und wer noch mehr will: zwölf Geschichten in Pauls Welt.